Wer für Noten lernt, arbeitet auch für Geld!


Es gibt den Spruch "Wer für Noten lernt, der arbeitet auch für Geld". So gesehen ist unser derzeitiges Notensystem schon interessant. 
Im Internet kursiert die (erfundene) Geschichte eines Professors, der seinen StudentInnen die Auswirkungen von Sozialismus beibringen wollte.

Er bot den Studierenden ein sozialistisches Notensystem an: Es würde der Durchschnitt aller Testergebnisse berechnet werden und alle würden dann diesen Durchschnitt als Note bekommen.
Nach dem ersten Test waren alle unglücklich. Denn die, die viel gelernt hatten bekamen eine schlechtere Note. Und die, die gar nichts gelernt hatten, schafften den Test dennoch. Beim nächsten Test begann der Durchschnitt abzurutschen. Denn jeder dachte sich: Wenn ich eh den Durchschnitt bekomme, brauche ich selber nicht so viel zu lernen.
Am Ende ließ der Professor die gesamte Klasse durchfallen.

Diese ideologisch verfärbte Geschichte soll bildlich beschreiben, wie der reale Sozialismus funktionierte.

Nun gibt es einen echten Professor, der etwas anderes probiert: Er möchte so etwas wie das bedingungslose Grundeinkommen auf die Noten umlegen.
Jeder angemeldete Student soll von vornherein einen Einser bekommen.
Mit diesem Vertrauensvorschuss möchte er die Kreativität und Unabhängigkeit der Studierenden stärken. Van Bo Le-Mentzel hat im Übrigen gerade ein crowdgefundetes bedingungsloses Grundeinkommen für sich selber aufgestellt. Ausgerechnet ein Mensch, dessen Eltern vor dem Kommunismus in Laos flohen, vertritt also die Idee des BGE.
Wobei diese Art der Notenvergabe sich ja sehr vor der obigen unterscheidet. Jeder bekommt automatisch die Bestnote.
Das ist eigentlich so, wie wenn jeder einfach eine Million Euro jedes Monat überwiesen bekäme.

Ich fände es beinahe interessanter, das Experiment anders herum durchzuführen:
Jeder Student bekommt automatisch einen Fünfer. Die Frage wäre: Wieviele wären bereit, dann noch zu kommen? Wenn ich einen Einser bekomme, ist die Barriere, in den Kurs zu kommen, nicht sehr hoch. Wenn ich schon mal automatisch einen Fünfer bekomme und damit einen Antritt verspiele, so muss ja meine Motivation wirklich eine ganz andere sein. Ich setze tatsächlich etwas aufs Spiel, um dann kreativ zu sein.
Dies wäre ein tatsächlich interessanteres Experiment. Dies würde eventuell pädagogisch den Wert haben, dass den Studierenden wieder beigebracht wird: Man muss etwas riskieren und geben, um etwas zu bekommen!

Natürlich sind weiters auch Mischformen denkbar. Dem (gut funktionierenden) Wohlfahrtsstaat würde vermutlich folgendes entsprechen: Die Einserkandidaten bekommen einen Zweier. Die, die durchgefallen wären, bekommen einen Vierer. So würde niemand zurückbleiben, aber man könnte sich doch durch Anstrengung besser stellen.
Der schlecht funktionierende Wohlfahrtsstaat sieht vermutlich derzeit so aus: Die Einser bleiben unangetastet. Die Zweier und Dreier rutschen ab und die Fünfer bekommen gerade noch eine Vier Minus.

Ein Punkt ist natürlich bei all diesen Spielereien zu beachten: Ist die Notenvergabe in einer Klasse wirklich mit einem Geldsystem vergleichbar? Denn in einem Geldsystem ist es ja so, dass man Geld ausgeben muss, um Güter zu bekommen und Güter oder Arbeitskraft hergeben, um Geld zu bekommen. Allen einfach aus dem Nichts eine Million Euro aufs Konto zu buchen würde noch kein einziges kaufbares Gut schaffen.

Die Vertreter beispielsweise der österreichischen Schule der Nationalökonomie würden dem Vergleich wiedersprechen. Denn für sie wäre Geld nur ein produziertes Gut, dessen Wert von den Produktionskosten und von Angebot und Nachfrage abhängt. Daher auch der berühmte Spruch von Voltaire: Papiergeld kehrt früher oder später zu seinem inneren Wert zurück – Null.“ (Voltaire hatte natürlich übersehen, dass es so etwas wie einen inneren Wert nicht gibt! Und wenn, dann wäre der innere Wert von Gold auch Null!)
 
Dass die meisten heutigen Geldsysteme in der Produktion nicht gerade viel kosten, wiederlegt natürlich diese These. Somit ist unser heutiges System eventuell schon vergleichbar mit der Notenvergabe, wenn natürlich komplizierter. Eventuell ist also der Vergleich zwischen Noten und Geldsystem gar nicht so schlecht. Denn jedem einen Einser zu geben bedeutet ja auch nicht, dass jeder gleich lernen würde. Und vielleicht sagt man auch nicht zufällig Notenbank?

Die Frage, die dann noch bleibt: Muss es bei einem funktionierenden Geldsystem zwingend so sein, dass man jemandem etwas weg nimmt, damit jemand anderer etwas bekommt?

Kommentare

  1. Liebe Leute ich will nur am Rande einwerfen, das progressive Bildungssysteme ohnehin ohne Noten funktionieren. Insoferne finde ich die Diskussion ob 5er oder 1er etwas mühselig.

    Ziel des 21. Jahrhunderts muss es sein, nachdem wir nun endlich mit der schwarzen Pädagogik glernt haben umzugehen, das Belohnen abzuschaffen. Weil wer für Noten lernt, der arbeitet auch für Geld

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